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Verfasste Studierendenschaft

Einleitung #

Seit dem Wintersemester 2013 / 2014 gibt es in Baden-Württemberg die sogenannte “Verfasste Studierendenschaft”. Als Studierendenschaft bezeichnet man alle Studierenden der Hochschule (also in diesem Falle alle Studierenden der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg). Verfasste Studierendenschaft bedeutet hier, dass die Studierendenschaft gesetzlich als Teil der Universität anerkannt wird und gewisse Rechte (z. B. Satzungsautonomie) hat, sie hat eine eigene “Verfassung”.

Funktionsweise und Modell #

Im Sommersemester 2013 konnten alle Studierenden über das Modell der Verfassten Studierendenschaft abstimmen. Bei der ersten Abstimmung gab es keine absolute Mehrheit für eines der fünf vorgeschlagenen Modelle (Quelle  ) und es wurde eine zweite Abstimmung durchgeführt in der die beiden Modelle mit den meisten Stimmen zur Wahl standen. Diese beiden Modelle waren “Direkte Demokratie – das Fachschaftenmodell” und “Das neue Mischmodell – der Kompromiss”. Gewonnen hat diese Abstimmung das neue Mischmodell und dieses ist das derzeitige Modell für Freiburg (Quelle  ). Die Satzung (in der ersten Version) findet sich hier  . Bindend für die VS ist stets nur die Satzung in ihrer aktuellsten Form. Wir möchten hier kurz das Modell vorstellen:

Diagramm der Struktur der Verfassten Studierendenschaft
Modell der Verfassten Studierendenschaft

Fachbereiche #

Die Studierendenschaft gliedert sich in verschiedene Fachbereiche. Wer z. B. Informatik, MST oder ESE studiert, der gehört zum “Fachbereich Technische Fakultät”. Der Fachbereich der TF ist nur einer von derzeit (Stand Juli 2013) 33 Fachbereichen.

Der Studierendenrat (StuRa) #

Diagramm der Zusammensetzung des Studierendenrats
Der StuRa setzt sich zusammen aus den Fachbereichsvertretungen und Initiativen

Fachbereichsvertretung #

Der Studierendenrat (StuRa) ist das Legislativorgan der VS. In jedem Fachbereich werden Vertreterinnen und Verteter gewählt (die sogenannte Fachbereichsvertretung), welche sich im StuRa zusammenfinden. Diese sind an ein sogenanntes imperatives Mandat gebunden, d.h. sie sind angehalten, im StuRa die Meinung des Fachbereichs zu vertreten und nicht ihre eigene. Prinzipiell werden wichtige Entscheidungen basisdemokratisch in den Fachbereichssitzungen getroffen und die Vertreterinnen und Vertreter transportieren die gefällte Meinung für den Fachbereich in den StuRa. Die Fachbereichssitzung findet wöchentlich statt (das machen wir). Die Themen für die Sitzungen werden eine Woche vorher bekanntgegeben. In den Fachbereichssitzungen der TF kann übrigens jede/r mitmachen der / die an der TF studiert! Denn alle Studierenden der entsprechenden Studiengänge sind antrags-, rede- und stimmberechtigt.

Im StuRa gibt es eine Stimmgewichtigung die davon abhängt, wie viele Studierende in dem entsprechenden Fachbereich eingeschrieben sind. Initiativen haben nur ein einfaches Stimmrecht.

Initiativen #

Zusätzlich zu den Fachbereichen gibt es sogenannte Initiativen, welche ebenfalls ein Stimmrecht im StuRa haben. Jede Studentin und jeder Student kann unter gewissen Voraussetzungen eine Initiative gründen und sich in den StuRa wählen lassen. Der StuRa ist so zusammengesetzt, dass die Fachbereichsvertretungen über die Mehrzahl der Stimmen verfügen. Hierfür wurde die Zahl der Initiativen im StuRa auf zehn beschränkt. Die Sitze der Initiativen werden nach dem sogenannten Adams-Verfahren   vergeben.

Urabstimmung #

Bei einer Urabstimmung werden Beschlüsse zu gewissen Fragen gefasst. Jede Studentin und jeder Student hat zu den Abstimmungsfragen ein Stimmrecht. Urabstimmungen werden zu besonders wichtigen Themen durchgeführt und die Ergebnisse sind bindend, Urabstimmungen stehen also noch über Beschlüssen des StuRas. Eine Urabstimmung wird durchgeführt, wenn dies auf einer Vollversammlung bzw. von einem Drittel des Studierendenrates beschlossen oder von mindestens einem Prozent aller Studierenden gefordert wird.

Vollversammlung #

Ein weiteres Instrument um innerhalb der VS zu Beschlüssen zu kommen ist die sogenannte Vollversammlung aller Studierenden. Hier sind alle Mitglieder der Studierendenschaft rede-, antrags- und stimmberechtigt. Eine Vollversammlung findet mindestens einmal im Jahr statt und kann auch unter bestimmten Umständen öfters einberufen werden. Der Vorteil von Vollversammlungen ist, dass ihr ohne viel Arbeit eure Meinung kund tun und an Beschlüssen mitwirken könnt.

Diagramm der direkten Einflussmöglichkeiten von Studierendne in der VS
Urabstimmungen und Vollversammlungen sind weitere direkte Einflussmöglichkeiten in der VS

AStA und Referate #

Diagramm der Zusammensetzung des AStAs
Der AStA im VS-Modell

Der AStA ist das Exekutivorgan der VS. Er führt die ihm vom Studierendenrat übertragenen Aufgaben aus und besteht aus dem Vorstand sowie den Vorsitzenden der Referate, für die eine Referentin / ein Referent gewählt wurde. Referate sind eine weitere Möglichkeit, in der VS mitzuarbeiten. Referate arbeiten zu bestimmten Aufgabengebieten selbstständig. Referate gab es bereits im u-asta und so werden viele der Referate die Arbeit der ehemaligen u-Referate fortsetzen. Beispiele für ehemalige u-Referate sind das Umwelt-Referat, das Gender-Referat, das Presse-Referat und das SchwuLesBi-Referat.

Unter diesen Referaten gibt es sogenannte autonome Referate, welche einige zusätzliche Rechte haben. Sie arbeiten für die Förderung der Gleichstellung und den Abbau von Benachteiligungen. In der Satzung der VS sind autonome Referate zu den Aufgabenbereichen

  1. Studierende mit Beeinträchtigung und chronischer Krankheit,
  2. sexuelle Orientierung,
  3. Frauen / Gender / Geschlecht
  4. ausländische Studierende und
  5. Studierende mit familiären Verpflichtungen

vorgesehen.

Die Wahl-, Schlichtungs- und Satzungskommission (WSSK) #

Diagramm der Aufgaben der WSSK
Die Wahl-, Schlichtungs- und Satzungskommission

Die WSSK überprüft auf Anfrage bestimmte Beschlüsse der VS (beispielsweise ob diese ihre Kompetenzen überschritten hat). Sie ist zudem für die Organisation von Wahlen und die Auslegung der Satzung zuständig.

Geschichtliches #

So wie das hier beschrieben wurde, war das nicht immer. Genau genommen ist es noch gar nicht lange so. Deswegen, für die ganz Interessierten, hier noch ein bisschen Geschichte:

Seit dem Wintersemester 2013 / 2014 gibt es in Baden-Württemberg die sogenannte “Verfasste Studierendenschaft”. Um verstehen zu können, was das bedeutet und um zu erklären, wie sich die Studierenden bislang hochschulpolitisch engagiert und ihre Belange vertreten haben, schadet ein kurzer Überblick sicherlich nicht.

In Baden-Württemberg wurde die Verfasste Studierendenschaft im Jahr 1977 auf Drängen der Union (hier CDU) abgeschafft (insbesondere auf Initiative des damaligen CDU-Ministerpräsidenten Hans Filbinger). Filbinger selbst war übrigens Mitglied in der NSDAP und hat in seiner Funktion als Richter zwischen 1943 und 1945 vier Todesurteile beantragt bzw. gefällt.

Hochschulen wurden zum damaligen Zeitpunkt auch als “Brutstätten des Terrorismus” bezeichnet (zumindest von einschlägigen Leuten), man fürchtete eine Radikalisierung (nach Links). Der AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss) wurde mundtot: Er war abhängig vom Rektorat, hatte keine Finanz- und Satzungsautonomie mehr. Er durfte sich nur noch zu “musischen, sportlichen und kulturellen Belangen der Studierenden” äußern, also nicht zu wirklich interessanten Hochschulthemen. Unter den Studierenden bildete sich Widerstand und dies führte dazu, dass sich im Jahr 1978 an der Universität Freiburg der u-asta (unabhängiger Allgemeiner Studierendenausschuss) bildete.

Logo des u-asta der Universität Freiburg
u-asta der Universität Freiburg

Ziel war es, die Studierendenvertretung unabhängig von den durch das Gesetz sehr eng gezogenen Grenzen zu ermöglichen. Der u-asta wurde von einem privaten Verein “Kasse e.V.” getragen und damit nicht offizieller Teil der Universität. Der u-asta, bzw. die zu ihm gehörenden u-Fachschaften, ist bei Wahlen zu wichtigen Gremien innerhalb der Universität immer wieder angetreten. Die u-Fachschaften haben sich in der FSK (Fachschaftenkonferenz) getroffen um Entscheidungen zu fällen. Studierende, die im u-asta aktiv waren, haben sich mit größtmöglicher Mehrheit wählen lassen und haben sich an die Beschlüsse des u-asta gehalten. Hierdurch wurden beispielsweise offizielle Gelder der Gremien für die Zwecke des u-asta zur Verfügung gestellt. Generell hat sich der u-asta hauptsächlich über private Spenden finanziert.

Das Modell des u-asta sah folgendermaßen aus:

Diagramm der Struktur des u-asta der Universität Freiburg
Das Modell des u-asta in Freiburg

Nach den Landtagswahlen 2011 haben sich die Machtverhältnisse in Baden-Württemberg jedoch verschoben: Eine grün-rote Koalition hatte plötzlich die Mehrheit und führte die Verfasste Studierendenschaft wieder ein. Derzeit ist Bayern das einzig verbleibende Bundesland ohne Verfasste Studierendenschaft.

Zuletzt bearbeitet am 12. April 2024 von Leander Marius Buerkin
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